This is My World
  Grisu
 

 

Eltern wollen für ihre Kinder das Beste.

 

Kinder wollen, dass ihre Träume ernstgenommen werden.

 

 

 

Grisu will Feuerwehrmann werden

 

 

Grisu ist ein kleiner Drache. Nach Meinung seines Vaters hat er das Zeug dazu, einmal in seine beruflichen Fußstapfen zu treten und ein genauso furchterregend feuerspeiender Drache zu werden wie er. Alles wäre also in bester Ordnung, wenn sich Grisu nicht die verrückte Idee in den Kopf gesetzt hätte, ausgerechnet Feuerwehrmann zu werden. Während er sein Vorhaben in die Tat umsetzen will, gerät er in die unglaublichsten Situationen, erlebt ein Abenteuer um das andere und macht Karriere. Leider geht immer am Höhepunkt des Erfolges die feuerspeiende Drachennatur mit ihm durch und alles brennt ab. Wer aber - wie etwa sein Vater - nun glaubt, Grisu sei endgültig von seinem Traum geheilt, der hat sich getäuscht. Grisu bleibt unbeirrbar bei seinem Traumberuf: Er will Feuerwehrmann werden.

 

Soweit der unterhaltsame Zeichentrickfilm für die ganze Familie. Wie aber sehen wirkliche Eltern und Kinder ihre eigene - mehr oder weniger gemeinsame - Suche nach dem "Beruf fürs Leben"? Viele erleben sie vielleicht ähnlich wie in der pointierten Schilderung des deutschen Kabarettisten Hanns Dieter Hüsch, der dabei wahrscheinlich nicht ganz ohne eigene Erfahrung spricht:

Der geschockte Vater wendet sich hilfesuchend an den Onkel: "Heinz will Boxer werden! Weil's ihm Spaß macht, sagt er...." Darauf der Onkel: "Ja , was heißt denn das, weil's ihm Spaß macht?.... Wenn wir alle machen wollten, was uns Spaß macht..... Schließlich kann man ja im Leben auch nicht immer alles...., schließlich ist man letzten Endes froh!" Die sonst sehr großzügige Tante schaltet sich ein: "Heinz, sei ehrlich.... Boxer! Heinz, du machst Spaß!" "Aber nein, Heinz will Boxer werden." Der Vater klagt noch einmal mit verzweifeltem Unter ton: "Hat denn die Familie gar nichts mehr zu melden? Hört denn niemand mehr auf unsereins?" Da steht Heinz auf und sagt: "Also gut, dann werde ich Clown im Zirkus!" ....Nach kurzer Überraschungspause reden alle auf Heinz ein: "....Ja, - was sind denn das für Hirngespinste - unreif, pubertär, ....Ernst des Lebens...." Die Tante empfiehlt ihm: "Geh' mal zum Berufsberater. Und der wird dir dann erzählen, dass zum Clown dir ganz gewiss alle Qualitäten fehlen, dass du sicher mal vielleicht im Ansatz Fähigkeiten hättest, die ein Bankfachmann...." Da protestiert Heinz wieder mit Entschiedenheit: "Nein, dann werd' ich lieber wieder Boxer!" Schlusspointe der kleinen Szene: "Doch zu sagen wäre nur: Heinz ist heute weder Zirkusclown noch Boxer, sondern meines Wissens Innenarchitekt. Glücklich, weil's ihm Spaß macht, was er macht. Und das kam so: Weil er selber nachgedacht!"

 

Liest man die Ergebnisse neuerer Befragungen, dann gibt es nach wie vor in vielen Familien solche Konflikte, zunehmend aber finden Kinder kaum noch irgendwelche festen Orientierungspunkte - nicht einmal fixe Ideen der Eltern, gegen die sie aufbegehren könnten. Die Medien suggerieren einerseits eine unendliche Vielfalt von Möglichkeiten und Traumjobs. Andererseits verstärken sie gleichzeitig die - durchaus begründete - Angst, nach der Ausbildung keinen Arbeitsplatz oder vorher gleich gar keinen Lehrplatz zu bekommen. So entscheiden sich immer mehr Jugendliche dafür, sich vorerst gar nicht zu entscheiden und lieber weiter in die Schule und dann vielleicht an die Universität zu gehen.

Die Karikatur in einer Berufswahlbroschüre veranschaulicht Unterschiede zwischen früher und jetzt: Vater zum Sohn - in den 50er Jahren: "Entweder du Studierst Jus oder du wirst enterbt!" Sohn zum Vater - in den 90er Jahren: "Entweder du sagst mir, was ich studieren soll, oder ich werde Bauer!" Angesichts der schwierigeren Arbeitsmarktlage feiert aber der gute Rat an die Jugendlichen fröhliche Urständ', bei der Berufswahl doch vernünftig und auf Sicherheit bedacht zu sein und das Träumen möglichst bald sein zu lassen. Wenn Kinder unrealistische Traumberufe haben, lässt man das ja noch durchgehen - Kinderträume sind noch nicht so ernst zu nehmen.

 

Sind sie wirklich nicht so ernst zu nehmen? Heinz ist weder Boxer noch Zirkusclown geworden. Vielleicht hätte er in beiden ganz und gar "unbürgerlichen" Berufen Schiffbruch erlitten, wenn er es doch versucht hätte. Aber die Traumberufe waren sein Protest dagegen, auf eingefahrene Gleise gedrängt zu werden und ständig seine Wünsche in den Hintergrund stellen zu müssen. Sich durchboxen und gleichzeitig der etablierten Welt eine lange Nase zeigen, das wollte er. Vielleicht ist er wirklich einer geworden, der zu denen gehört, die neue Ideen gegen Herkömmliches durchsetzen.

Besonders Mädchen landen immer wieder bei phantasielosen Berufsentscheidungen. Sie drängen sich in wenigen Ausbildungsbereichen und Lehrberufen: Verkäuferin, Friseurin, Bürokraft sind wohl häufiger Verlegenheitslösungen als Traumberufe oder gut überlegte Entscheidungen. In einer Studie über Ausbildung und Beruf wurden über Tausend junge Menschen interviewt. Viele äußerten sich auch konkret über den Weg zu ihrer Berufsentscheidung. Eine von ihnen war die 25jährige Brigitte, die ihren Traumberuf gefunden und schließlich durchgesetzt hat, ihn auch lernen und ausüben zu können:

"Ich war schon frustriert, weil ich mich mit 14hätte entscheiden sollen, was ich werden will. Es gab aber in unserem Dorf keine Chance, mich für irgend etwas zu entscheiden. Es gab Verkäuferin, Strickerin, Büroangestellte - das war aber schon etwas Höheres. Und da habe ich aber gesagt, wenn ich das lernen muss, dann lerne ich lieber gar nichts."

 

Eines Tages entdeckt sie ihren Traumberuf: "Und dann bin ich eben auf die verrückte Idee gekommen, Fotografin zu lernen, und darüber bin ich heute noch froh. Einen richtigen `Frauenberuf', das hätte ich mir nie vorstellen können, - z.B. Friseurin. Als Masseurin war ich mich einmal vorstellen, aber auch nur aus Verzweiflung, weil ich nicht gewusst habe, was ich werden sollte."

Brigittes Eltern hatten offenbar recht konventionelle Vorstellungen von der Berufswahl ihrer Tochter: "Das einzige, was sie mir sagen konnten, ist, lerne etwas `Gescheites'; aber was Gescheites für sie ist Verkäuferin werden und dann mit 20 heiraten."

Eines Tages ging Brigitte an einem Fotogeschäft vorbei und kam auf die Idee, Fotografin zu lernen: "Ich habe meinen Beruf selbst gewählt..., und ich habe das auch durchgesetzt, zwar mit viel Bauchweh, aber ich habe es geschafft. Meine Eltern waren dagegen..., mein Vater hatte dort, wo er gearbeitet, eine Stelle für mich. Das war etwas, dass er als Arbeiter für die Tochter eine Bürostelle organisiert. Aber ich wollte das nicht..."

Brigitte braucht wirklich einiges an Standfestigkeit, denn nicht nur die Eltern wollen sie von ihrem Entschluss abbringen: "Dann hat auch noch die Berufsberaterin dagegen gearbeitet. Sie hat gesagt, Fotograf ist ein Modeberuf, so etwas sollte man überhaupt nicht lernen, und ich bin auch unfähig dazu, ich werde das gar nicht schaffen. Dann habe ich mit dieser Frau zu streiten begonnen, und ich habe ihr gesagt, ich finde eine Lehrstelle, wenn ich das will."

 

Ohne Unterstützung, aber von ihrer Idee beseelt, investiert Brigitte alle Energie in die Lehrstellensuche: "Und dann habe ich auch wirklich lange gesucht, weil die Frau am Arbeitsamt hat damals gesagt, sie wird mir sicher nicht helfen, eine Lehrstelle zu finden..., weil sie kann ja ein junges Mädchen nicht ins Unglück stürzen. Meine Mutter hat dann auch gesagt, das ist doch ein Bettlerberuf - bei uns gab es ja wirklich nichts. Ich habe dann sämtliche Fotografen im Raum Salzburg abgeklappert und habe dann wirklich eine Stelle bekommen - in einem großen Fotolabor. Die Lehrzeit war nicht schön dort, ich konnte mich jedoch durchsetzen. Ich bin jeden Tag 30gefahren, aber das war mir eigentlich egal - ich wäre sogar noch weiter gefahren."

Obwohl die junge Fotografin weiß, dass sie sich keinen lukrativen "Karriereberuf" ausgesucht hat, steht sie ungebrochen zu ihrer Entscheidung: "Die Bezahlung ist schlecht, und es gibt genug Nachwuchs..., aber ich würde wieder Fotografie lernen, ich kann mir keinen anderen Beruf vorstellen.... Für mich ist es schon auch eine Berufung, Fotografin zu sein."

Manche junge Leute treten - zumindest auf den ersten Blick - ganz in die Fußstapfen der Eltern, haben aber einen Traum, der sie über das, was ihre Eltern erreicht haben, weit hinausführt. So war es etwa bei Michael, einem jungen Tischlermeister: "Mein Vater hat einen Tischlerei betrieb, und ich habe auch mit 16 eine Tischlerlehre begonnen. Die Herstellung von 08/15- Möbeln hat mich aber bald nicht mehr befriedigt, ich wollte originelle Ideen in die Gestaltung einbringen. So bin ich zu Ausstellungen in Möbelgalerien und auf Messen gegangen und habe mich informiert... Mein Traumberuf war immer Designer.... Die meisten Designer besuchen Kunsthochschulen. Dort geht man aber ziemlich theoretisch an die Sache heran. Heute bin ich froh, dass ich das Handwerk von der Pike auf gelernt habe...."

 

Träume sind also ein "Lebensmittel", nicht nur die sprichwörtlichen "Schäume", die zerplatzen, - auch wenn man vom Träumen alleine nicht leben kann. Junge Menschen erhalten heute viele Hilfen, um sich über die Berufswelt wirklichkeitsnahe informieren zu können. Meistens gibt es auch verschiedene Möglichkeiten, seine Träume und Ideale in der Ausbildung und im Berufs leben umzusetzen. So mancher kann vielleicht seine beruflichen Ideale erst im späteren Alter verwirklichen, wenn er oder sie zwar zeitweilig Kompromisse oder Übergangslösungen zu akzeptieren bereit ist, trotzdem aber das Träumen vom Neuen und Besseren nie aufgegeben hat.

Wer weiß, vielleicht findet sogar Grisu, der Drache, spät, aber doch, seinen angemessenen Platz bei der Feuerwehr.... - als Trainer für Feuerwehrmänner: Da kann er das Feuerspucken gut brauchen.


 
  Es waren heute 28837 BesucherDanke das Ihr da Wart  
 
Diese Webseite wurde kostenlos mit Homepage-Baukasten.de erstellt. Willst du auch eine eigene Webseite?
Gratis anmelden