This is My World
  Schmerz
 

! -->>Leben & Tod<<-- !

Das Leben
Alle sagen,
Es sei schön.
Es ist schön.
Für alle
Nur nicht für mich
Schwärze
Die mich umgibt
Macht es düster
Macht es kalt
Sie bringt mich um
Sie lässt mich leiden
Lässt mich weinen
Macht mich traurig
Macht mich wütend
Lebensfern
Lebensfeindlich
Lebensmüse
Tot.

! ! ! ! ! ! ! ! Totengespräche...

Heute vor vier Jahren hast Du mich zum ersten Mal geküsst. Fast vierzehn Jahre habe ich auf diesen Augenblick gewartet. Endlich musste ich nicht mehr nur davon träumen. Dieses Gefühl… nein… meine Träume kamen nicht an die Wirklichkeit heran. Du warst so vorsichtig – du wusstest, dass ich Angst hatte. Ich habe diese Worte bis dahin nur gelesen… »Und ich ertrank in seiner Süße« So lernte ich, was es heißt in Liebe zu ertrinken. Heute vor vier Jahren hast Du mir eine Rosarote Brille aufgesetzt. Eine Brille, die ich fast ein Jahr lang nicht abnahm – eine Brille, die mich überall nur Herzen hat sehen lassen. Ein Jahr in dem wir schließlich merkten, dass wir uns entscheiden müssen. Noch ein Jahr Beziehung oder ewige Freundschaft. Wir stritten uns plötzlich. Nie in diesen vierzehn Jahren hatten wir uns so gestritten, wie wir es in diesem einem Jahr taten. Ein Jahr der süßesten Liebe auf Erden oder lebenslange Freundschaft. Ich wusste, ich kann nich ohne Dich. Ich wusste genau, dass ich das nicht kann. Wir entschieden uns für Freundschaft. Du weißt nicht, wie weh es mir getan hat, Deiner Liebe den Rücken zu kehren. Ich hab’s Dir nie gesagt. Ich wusste, ich darf es nicht. Hätte ich nur gewusst, wie das Schicksal über uns – über Dich entschieden hatte. Hätte ich es nur gewusst… Ein ganzes Jahr spürte ich Deine Lippen nicht. Ein ganzes Jahr lang sagten nur Deine Augen, was sie empfanden. Ein ganzes Jahr lang, fühlte ich bei jeder Umarmung diese Versuchung… Hätte ich es nur gewusst… Ich hätte Dich verführt. Ich hätte nicht zugelassen, dass Du mich ablehnst. Ich hätte es nie zugelassen… Aber ich wusste es nicht… Erinnerst Du Dich noch? Erinnerst du dich daran, als Deine Mutter Deinen Vater heiratete? Endlich? Erinnerst du dich daran, was du mir gesagt hattest? Als ich dieses blassrosa Kleid trug? Deine Mutter sah so wunderschön aus. An diesem Tag war mir klar geworden, dass auch ich eines Tages eine so wunderschöne Frau sein möchte, die glücklich lacht und den Mann ihrer träume heiratet. »Ich will heute auch heiraten.« Weißt du noch, wie ich gebettelt habe auch heiraten zu dürfen? Weißt Du’s noch? Du nahmst meine Hand. Ich war acht Jahre alt. Ich erinnere mich noch daran, als wäre es gestern gewesen… Du hast gelacht. »Dann heiraten wir jetzt.« Jeden noch so idiotischen Wusch hast Du mir erfüllt. Du wolltest mich immer Lachen sehen. Bis zu meinem sechzehnten Lebensjahr habe ich nie gelernt was es heißt, wirklich traurig zu sein. Du hast es nie zugelassen. Du hast mich nie eine Träne alleine weinen lassen. Nie. Wir standen dieses eine Jahr der Freundschaft durch. Ohne einen einzigen Kuss… Es war ein schönes Jahr. Im Grunde war doch nichts anders. Du hast mich nur nicht mehr geküsst… Es war Valentinstag. Ich war bei Dir - nicht bei ihm. Es war Dein Geburtstag. Wir feierten ihn mit so vielen Freunden… Wir waren so glücklich. Das weiß ich noch genau. Ich weiß noch, wie Du mir diesen Schauer über den Rücken jagtest. »Ich liebe Dich.« Das waren deine Worte… Dabei hatten wir uns versprochen, es nie wieder zu sagen. Dein Flüstern hatte mir den Verstand vernebelt. Kurz hatte ich wieder die rosarote Brille auf. Du hättest es nicht sagen dürfen. Nein… Das hättest Du nicht. Doch Du hast es getan… Als wüsstest Du, was passieren würde. Ich wusste nicht, warum Du mir das gesagt hast. Ich habe nicht geantwortet. Du weißt, wieso ich es nicht tat. Du weißt, ich hätte Dir am liebsten dasselbe gesagt. Du weißt es. Aber Du weißt auch, dass wir das nie tun sollten. Zumindest wollten wir warten. Ich weiß noch, wie Du mich an diesem Abend zum Lachen brachtest. Ich weiß noch, wie wunderbar dieser Geburtstag war. Einundzwanzig. Endlich endgültig erwachsen. Ich erinnere mich an alles… fast. Wir stiegen in dieses Auto. Dieser verdammte Wagen. Ich wünschte, wir wären nie losgefahren. Ich weiß noch, welche Lieder im Radio kamen. Ich weiß noch, wie wir laut mitgesungen hatten. Wir waren zu viert in diesem Auto. Vier lachende Gesichter. Keiner von uns war betrunken. Keiner. Ich erinnere mich an diesen einen Satz: »Nein, wir wollten doch morgen noch mal zusammen essen gehen.« Es ist kein besonderer Satz. Kein besonderer für andere. Aber für mich ist er einer der wichtigsten Sätze, die ich je gehört habe. Es waren die letzten Worte von Dir, an die ich mich bis heute noch erinnern kann. Danach ist alles schwarz. Ich weiß nur, wie ich aufgewacht bin. Ich hatte so lange geschlafen. Ich wusste nicht mal wieso. Ich erinnere mich an jedes einzelne Gesicht. Jedes Gesicht, das um mich ansah. Drei schief lächelnde Gesichter mit glanzlosen Augen. Was war los? Ich wusste es nicht. Wo warst Du? Ich lag in einem Bett. Ein Krankenhaus. Genau Du, der mich nie hatte auch nur weinen lassen, war nicht hier. Warum warst Du nicht da? Warum nicht? Niemand antwortete mir. Niemand. Ich hatte dieses braune Zeug unter meinen Fingernägeln. Niemand wollte mir sagen, was es war. Niemand. Irgendwie fing ich an, an meinen Fingernägeln herumzukauen - hatte ganz vergessen, was da war. Ich schmeckte es… Es schmeckte wie Metall… Das war Blut unter meinen Fingernägeln. Wo kam das Blut her? Ich sah an mir herunter. Ich war kerngesund. Da war nichts. Warum war ich überhaupt im Krankenhaus? Und warum verdammt noch mal warst Du nicht da? Sie wollten nicht mit mir reden. Du warst sicher etwas essen. Sicher warst Du irgendwo im Krankenhaus. Ich suchte Dich überall. In den Gängen, den Fluren, der Kantine… Ich sah die Zeitung. Ich sah die Bilder. Kannte ich die Farbe des demolierten Autos nicht? Ich sah die Zeitung an - fing an zu starren. Alles fing an zu verschwimmen. „Unfall… Frontalzusammenstoß… Betrunkener Fahrer… Vier Jugendliche… drei Tote… zwei Überlebende… Plötzlich wusste ich, warum ich hier war. Plötzlich wusste ich, warum du es nicht warst. Mit einem Mal brach meine Welt auseinander. Mein Fundament… mein Fundament… es ist weg… mein geliebtes Fundament… Ich erfuhr, dass dieser Betrunkene im selben Krankenhaus lag. Ich weiß, es war falsch ihn so anzuschreien. Ich weiß aber auch, dass er’s verdient hat. Ich weiß, er sollte jetzt unter der Erde liegen und verrotten. Nicht du… Aber er lebte – er lebt auch heute noch. Ein Gebrochenes Bein. Ein paar Quetschungen. Arschloch. Mörder. Nur wegen ihm, hatte ich Deine letzten Überreste unter meinen Fingernägeln. Ich habe mich so lange geweigert mir die Hände zu waschen... Ein Jahr voller Liebe habe ich gegen lebenslange Freundschaft eingetauscht. Wie konnte das mir das Schicksal nur so etwas antun? Ich fing an, die gesamte Welt zu hassen. Ich erinnere mich an Deinen Bruder. Ich erinnere mich daran, wie er mich angesehen hatte. Er hatte nicht nur Dich, seinen geliebten Bruder, verloren. Nein… Seine Freundin und deren bester Freund. Mit einem Schlag. Auch seine Welt war zerbrochen. Ich weiß, er war traurig. Ich weiß, er stand unter Schock. Ich weiß, er hatte den Unfall mit eigenen Augen gesehen. Ich weiß, er bereut noch heute alles, was er zu mir sagte. Doch das macht es nicht rückgängig. »Warum musstest gerade du die Einzige sein, die überlebt hat?« Ich stelle mir diese Frage. Jede Sekunde. Jede Minute in der ich auch nur einen Atemzug mache. Warum? Ich hatte es so nicht gewollt. Zum ersten Mal im Leben war ich alleine. Zum ersten Mal musste ich weinen ohne in Deinen Armen zu liegen… Weißt du noch, wie mein Zimmer aussah? Diese grünen Wände. Die Farbe… die hast Du auf die Wände gepinselt. Über meinem Bett war ein Schmetterling – blau wie die Nacht. »Freiheit« hast Du gesagt. Meine Träume sollten frei sein - deshalb dieses wunderschöne Blau. Meine Wände sind jetzt weiß. An meinen Wänden sind nun Giraffen. Sie haben lange Hälse. Sie können damit weit zurück blicken. »Erinnerungen« habe ich mir gesagt. Es gibt keine Schmetterlinge mehr. Ich habe keine Bilder mehr, die mich an Dich erinnern. Ich konnte sie nicht mehr ansehen… Stattessen gibt es Giraffen. Du solltest studieren gehen. Doch nun konntest Du es nicht mehr. Deine Eltern wollten mir das Geld geben, das für Dein Studium vorgesehen war. Ich hab es nicht genommen. Ich konnt’s einfach nich. Du weißt, ich hätte Dir jeden Gefallen getan. Du weißt, ich hätte dir meine Welt geschenkt. Doch dieses Geld… Nein… Du weißt, ich konnt’s einfach nicht. Ich konnte aus Deinem Tod keinen Profit machen. Verzeih mir, Du hättest es sicher verstanden. Ich hab Dir einen schönen Grabstein geschenkt. Ich habe ihn nur ein Mal gesehen. Ein einziges Mal – als er noch unbeschriftet war. Ich hab Dich bis jetzt nie besucht. Noch nicht. Ich werd’s tun. Ich versprech’s Dir, ich werd’s tun. Ich werde es tun, wenn ich mir sicher bin, dass mich Dein Name auf einem Grabstein nicht zusammenbrechen lässt. Sobald ich sicher bin – ich schwöre, ich werde kommen. Vielleicht werde ich dann alt sein… Ich werde Dir erzählen, was für ein schönes Leben ich hatte und wie sehr ich den Mann liebe, den ich geheiratet habe. Ich werde Dir von meinen Kindern erzählen. Ich werd Dir erzählen wie sie groß geworden sind, wie intelligent und schön meine Tochter ist und wie klug und stark mein Sohn. Ich werde Dir von meinen Enkelkindern erzählen. Wie schnell sie doch groß werden und wie viel sie lachen. Ich werde Dir so vieles erzählen… Ich werde Dir sagen, wie sehr ich Dich dafür hasse, dass es nicht unsere Kinder sind, von denen ich Dir hier erzähle. Ich werde Dir sagen, wie sehr ich Dich hasse, weil Du diese Kinder nie erzogen hast, weil Du sie nie küssen und lieben konntest. Ich werde Dir sagen, wie sehr ich Dich hasse, weil Du mich verlassen hast. Doch bis dahin, bis zu diesem Tag an dem ich lerne Dich zu hassen… werde ich Dich einfach vermissen. Versteh mich nicht falsch. Es ist nicht so, als würde ich Dich wirklich hassen wollen. Nein… ich will’s nicht. Doch ich schaffe es nicht ohne Gefühle für Dich zu sein. Ich will keinen Toten lieben. Ich schaff’s einfach nicht Dich zu vergessen. Ich schaff’s nicht. Ich werde mir beibringen Dich zu hassen. Ich brauche starke Gefühle für Dich. Ich werde lernen Dich zu hassen. Ich werde auf diesen Tag warten. Der Tag, an dem ich Dich endlich hassen kann… Ich warte… Ach und… noch was…: Ich liebe Dich auch.


 
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